Interview mit Andreas Ludwig

Blick über Trier

Baudezernent der Stadt Trier 

Andreas Ludwig

 

Top Magazin: Herr Ludwig, im Mai 2015 traten Sie Ihr Amt als Baudezernent der Stadt Trier an. Wie sieht Ihr erstes Resümee nach fast einem Jahr aus?

Andreas Ludwig: Trier ist mir schon seit meiner Kindheit bekannt, inzwischen habe ich es aber ungleich besser kennengelernt. Ich habe viele Ecken und Ansichten entdeckt, die ich nicht kannte, habe viele nette Menschen getroffen und tolle Veranstaltungen erlebt. Aber ich habe auch schnell die vielen Probleme festgestellt und begonnen nach Lösungen zu suchen. Die gesperrten Sporthallen, Organisationsstrukturen, die verändert werden müssen, der Flächennutzungsplan, die Unterbringung der Flüchtlinge. Ich bin quasi in einem Marathonlauf gestartet und befinde mich bei Kilometer drei oder vier. Es ist noch ein weiter Weg bis zum Ziel!

Top Magazin: Welche Tugenden muss ein Baudezernent Ihrer Meinung nach mitbringen?
Andreas Ludwig: Schnelle Auffassungsgabe – Vielseitigkeit – Kreativität – Verlässlichkeit – Ausdauer und Diplomatie. Dazu braucht es Erfahrung, die ich hoffentlich in ausreichendem Maße aus Eisenach und Bad Kreuznach mitbringe. Ich hoffe, dass ich dieses Anforderungsprofil im Sinne des Rates und der Bürgerschaft erfülle.

Top Magazin: Was ist für Sie das Spannende am Thema Stadtplanung?
Andreas Ludwig: Kein Tag ist wie der andere. Es gibt immer wieder neue He-
rausforderungen, die es zu meistern gilt: Menschen kennenlernen und mit ihnen an Lösungen arbeiten, Interessen unterschiedlichster Art unter einen Hut bringen, abstrakte Konzepte entwickeln, die für konkrete Einzelfalllösungen taugen, Nachhaltigkeit definieren und einen kleinen Beitrag zur Entwicklung der ältesten Stadt Deutschlands leisten!

Top Magazin: Sie waren bereits Baudezernent in Eisenach. Warum der Wechsel in die älteste Stadt Deutschlands?
Andreas Ludwig: Eisenach ist eine inte-ressante und spannende Stadt: mit der Wartburg als Unesco-Weltkulturerbe, mit einem Schwerpunkt der deutschen Automobilindustrie, mit spannender Geschichte und netten Menschen. Trier aber ist mehr als doppelt so groß. Das Haushaltsvolumen ist dreimal so hoch. Das Bauvolumen übertrifft das von Eisenach um ein Mehrfaches. Deshalb ist Trier für mich die größere berufliche Herausforderung. Rheinland-Pfalz ist für mich Heimat. Zu den Eltern nach Idar-Oberstein oder den Schwiegereltern in die Pfalz ist es nur halb so weit.

Top Magazin: Wo sehen Sie die größten Potenziale, um die Stadt in Zukunft noch attraktiver zu gestalten?
Andreas Ludwig: Das römische Erbe ist für eine Stadt nördlich der Alpen ein derartiges Alleinstellungsmerkmal, das im Stadtmarketing noch mehr genutzt werden muss. Dazu die unglaubliche Vielfalt. Trier: Weinbau, Industrie, Dienstleistungen, ein starkes Versorgungszentrum für die Region. Die Internationalität. Wir sind zwar am Rande von Deutschland, aber doch in der Mitte Europas. Paris und Brüssel sind näher als Berlin. Luxemburg liegt gerade um die Ecke. Der Fokus muss auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gerichtet werden, damit wir diese Mitte leben und die Chancen, die daraus entstehen, auch nutzen.

Gespräch mit Andreas Ludwig
Top Magazin: Gibt es etwas, was Sie in unserer Stadt vermissen?
Andreas Ludwig: Manchmal die Thüringer Bratwurst, den „schwarzen Esel“ (Bier) und VIBA-Nougat. Wenn wir dann und wann mal wieder nach Thüringen kommen, bringen wir das ein oder andere mit. VIBA-Nougat habe ich in Einzelfällen auch schon hier in Supermärkten gefunden. Dann kann ich nicht vorbeigehen und muss zuschlagen. Andererseits finde ich Viez und „Kappesteerdisch“ auch richtig gut!

Top Magazin: Können Sie uns drei Projekte nennen, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Andreas Ludwig: 1. Die Sanierung der Sporthallen, im Besonderen die Wiederherstellung der Mäusheckerweghalle.
2. Die Ausweisung neuer Wohnbauflächen, vor allem für den sozialen Wohnungsbau. 3. Die systematische Verbesserung des Verkehrssystems.

Top Magazin: Am 17. November wurde das Radverkehrskonzept Trier 2025 vom Stadtrat einstimmig beschlossen. Können Sie unseren Lesern kurz beschreiben, was es damit auf sich hat?
Andreas Ludwig: Nach mehrjähriger Diskussion wurde auf dem Mobilitätskonzept aufbauend ein umfangreiches Radverkehrskonzept entwickelt. Auf 125 Seiten werden Bestand, Potenziale und Hemmnisse der Fahrradstadt Trier analysiert. Es wird ein Wegenetz entworfen, das die Stadtteile und Quartiere miteinander verbindet. Dazu ein Leitfaden formuliert, der aufzeigt, wie einzelne Maßnahmen bis ins Detail gestaltet werden. Es folgt die Formulierung einer Gesamtstrategie und die Nennung verbindlicher Maßnahmen. Ziel des Ganzen: die Steigerung des Radfahrens von zurzeit neun Prozent auf künftig 15 Prozent des Gesamtverkehrsaufkommens.

Top Magazin: Wo sehen Sie die älteste Stadt Deutschlands in fünf Jahren?
Andreas Ludwig: Trier hat die Vernetzung in der Region ausgebaut. Die Menschen aus Hunsrück, Eifel und Luxemburg kommen gerne hierher, um die Vorzüge der Stadt zu nutzen. Und die Menschen, die hier wohnen, fühlen sich richtig wohl. Die verkehrliche Situation hat sich entspannt. Nachdem sich die Elektromobilität durchgesetzt hat und das Radwegekonzept Akzeptanz findet, hat sich die Luftqualität deutlich verbessert. In dem neuen Gewerbegebiet entlang der A 64 haben sich, nicht zuletzt wegen der erfolgreichen Arbeit der Hochschule und der Universität, zahlreiche neue Start-Up-
Unternehmen angesiedelt, die summa summarum tausende neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Trier gilt als weltoffene Stadt, weil es gelungen ist, die 2015/16 angekommenen Flüchtlinge problemlos zu integrieren. Die Eintracht spielt endlich wieder in der 2. Liga. Und auch die Gladiators und die Miezen haben ihren Weg zurück zur Erstklassigkeit gefunden. Das Theater bietet ein tolles Programm, genießt bei Publikum und Kritikern gleichermaßen große Anerkennung und ist ständig ausverkauft… So oder so ähnlich würde es im Idealfall aussehen. Vielleicht noch nicht in fünf Jahren. Hermann Hesse sagte aber schon: Man muss das Unmögliche fordern, um das Mögliche möglich zu machen!